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Schönberg

Schönbergs 13. Kapitel

Vortrag von Bernd Bachhuber zur Zerstörung des Marktes zum Kriegsende 1945

Markt Schönberg. In wenigen Wochen erscheint das neue Schönberger Heimatbuch. Zu den Wochen des Gedenkens trug Autor Bernd Bachhuber schon vorab aus dem 13. Kapitel vor: Die Zeit des Nationalsozialismus und die Zerstörung des Marktes zum Kriegsende erinnerte zugleich mahnend daran, wie unvorstellbar grausam politischer Fanatismus hier am 25. April 1945 endete.
Man müsse ehrlich sein, erzählte Bernd Bachhuber. Auch in der bis dahin eher kriegsverschonten Region des Bayerischen Waldes gab es von Anfang an Mitläufer, Begeisterte und Fanatiker, die Hitler folgten. Aus wirtschaftlicher und politscher Krise heraus hatten es seine Schergen leicht, bei den Unzufriedenen zu zündeln. Bald wehten Hakenkreuzfahnen über Straßen und begeisterte der Anschluss Österreichs Großmachtphantasien. Es folgten der Griff nach Ämtern und Funktionen, der nach den eigentlich linkeren Arbeitern, nach der Jugend. Eine jubelnde Gleichschaltung erstickte jede Kritik und ließ die Vorsichtigen verstummen, bis 1945 nur noch der letzte Schritt vor dem Abgrund übrig war. Und selbst da wurden Menschen wie der Spiegelauer Arzt Dr. Alois Geiger für eine kritische Bemerkung oder für ihren Zweifel an einem „Endsieg“ verurteilt und hingerichtet. Viele Schönberger zeigten sich dennoch im April 45 menschlich gegenüber den SS-Sippen- und Sonderhäftlingen, die im April kurz im Markt untergebracht waren. Aber bald darauf schloss sich die finstere Endzeitstimmung wieder über ihnen. In Tittling wurden die letzten verfügbaren Kräfte aus jungen Menschen des Reichsarbeitsdienstes zusammengezogen und von SS-Offizieren „scharf gemacht“.  Die anrückenden amerikanischen Kräfte waren drückend überlegen. Tiefflieger nahmen tödlich unter Beschuss, was sich noch militärisch bewegte. Wer aber eine weiße Fahne hissen oder desertieren wollte, dem drohte die sofortige Hinrichtung ohne Urteil. Die Schönberger Bürger flohen beim Herannahen der Amerikaner in Wälder und Höfe der Umgebung. Zur Verteidigung wurde vor Eppenschlag 16- und 17-Jährige mit Panzerfäusten oder Gewehren postiert, ebenso in Schönberg und in der „Öd“; jeweils etwa 100 Unerfahrene ohne Chance auf Erfolg. Dort wo es Gegenwehr gab, schlugen die Alliierten unerbittlich zu. Am 25. April, dem „schwarzen Mittwoch“ von Schönberg, wurden diese Posten oder Heckenschützen massiv unter Beschuss genommen, nachdem ein letzter Versuch von Bürgermeister Reinsberger, Schönberg ohne Kampf zu übergeben, mit gezückter Pistole abgelehnt worden war. Es prasselten über 370 Granaten auf den Ort herab und setzten Kirche, Häuser und Ställe in Brand. Bis nach Röhrnbach sei die Rauchsäule zu sehen gewesen, berichteten Zeitzeugen. Auch 10 Zivilisten gerieten ins tödliche Feuer oder wurden Opfer in einstürzenden Häusern. Es war ein kurzer und heftiger Kampf, vor dem die Verantwortlichen selbst bereits geflohen waren. In eindringlichen Schilderungen und Augenzeugenberichten, von denen einige in QR-Codes im Buch abzurufen sind, versuchte Bernd Bachhuber achtzig Jahre danach noch einmal das Unvorstellbare vorstellbar zu machen: Ein kleines Mädchen, das wie gelähmt neben der toten Mutter kauert, obwohl die Kugeln ringsum einschlagen. Verstümmelte Leichen, ein Massengrab am alten Friedhof. Der Selbstmord eines RAD-Burschen, der sich lieber tötete und in einem letzten Tagebucheintrag Hitler noch hochleben ließ. Die Überlebenden kehrten heim, hatten Haus, Hab oder persönliche Erinnerungen und Dokumente im Feuer verloren. Aber zugleich machte sich erstmals wieder ein Gefühl von Freiheit breit, berichtet der Chronist ebenfalls.
Mit dem Vortrag zur Zerstörung des Marktes endeten die Wochen des Gedenkens mit der Erkenntnis, dass der hasserfüllte Fanatismus auch hier zwei zerstörerische Enden hatte; gegenüber den Verfolgten des Regimes aber auch mit seinem eigenen Untergang, in dem Schuldige wie Unschuldige zu Opfern wurden. Das 13. Kapitel des neuen Schönberger Heimatbuches trägt die Zahl, die viele Kulturen als Unglücks- und Unheilzahl begreifen.  Eine ganze Reihe an Veranstaltungen im April hatte an vielen tragischen Kapiteln der Zeit durchaus auch schwer zu beißen. Bürgermeister Martin Pichler hatte zur Vortrags-Einführung noch einmal eingeladen, die intensive Beschäftigung mit allen Facetten von Heimatgeschichte zu pflegen. Und er erinnerte mit einem freiem Zitat an Dietrich Bonhoeffer, mit dem Gedanken, dass nach dem schwarzen Tag für Schönberg es dennoch auch ein Beginn - und ein bleibender Auftrag - einer neuen Zeit geworden sei.

Bildunterschriften zur Auswahl:
Bernd Bachhuber berichtete als Heimatbuchautor schonungslos über die NS-Zeit in Schönberg und die tragische Zerstörung des Marktes nach blindem Fanatismus.
Am Rande kam es zu Gesprächen wie mit Pfarrer i.R. Johann Pöppel, der den im Buch erwähnten Oberkreuzberger Kooperator Eichinger noch persönlich getroffen hat, dem man übel zusetzte, weil er nicht an der Volksabstimmung über den Anschluss Österreichs im März 1938 teilgenommen hatte.

 

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